City-Apps und Stadtportale – die Probleme
Da es in unserer Heimatstadt mal wieder einen (kleinen) Wirbel um die noch immer nicht gelaunchte City-App (siehe NÖN Artikel) gibt, hier eine kleine Problemanalyse über solche Apps und Portale für Gemeinden/Städte.
Heutzutage suchen immer mehr Städte und Gemeinden nach digitalen Möglichkeiten um die Kaufkraft im Ort halten. Oder zumindest in der Innenstadt.
Oftmals trifft man dann auf diverse Stadtportale oder eben City-Apps.
Man erhofft sich dadurch die Lösung gegen das (Innen)Stadtsterben gefunden zu haben.
Doch leider funktioniert dies nur in den wenigsten Fällen.
Warum?
Nun, so eine City-App hat mit großen Herausforderungen zu kämpfen.
Inhaltsverzeichnis:
1. Der User aka der Bürger in der City-App
Die App muss mit ihren Features den Endkunden irgendwie an sich binden, damit dieser regelmäßig vorbeischaut und am besten mehrmals täglich dort online ist.
Das bedeutet, es müssen Angebote und Leistungen eingestellt werden, selbstredend von gemeinde-eigenen Unternehmen und Betrieben. Es sollten sich dort natürlich auch alle bürger-relevanten Infos der Gemeinde selbst befinden. Dann noch Veranstaltungen, ein Müll-Erinnerung-Service, vielleicht noch das Parkticket inkludiert und selbstverständlich auch ein Bonussystem a la Payback oder Ähnliches.
Im Prinzip muss es sich um eine App handeln, ohne die der normale Bürger eigentlich mehr aus Haus geht, ohne die er nicht mehr leben kann. Eine App, die der Bürger ebenso oft öffnet wie Facebook und Co.
Da haben wir schon das erste richtig große Problem!
Warum sollte der User die App nutzen, wo er doch alle Infos ohnehin auf Facebook bekommt, da dort genau jene Unternehmen immer wieder ihre Angebote posten, die auch auf der App vertreten sind.
Manche mehr, manche weniger.
Aber was bringt den User dazu, eine zusätzliche App zu verwenden?
Womit könnte man den Bürger noch auf das Portal locken?
Den Flohmarkt hat man über willhaben, das Bonussystem über Payback oder die jö Karte.
Den Lieferdienst übernimmt mjam oder lieferando und die Reise bucht man über booking.
Usw., denn das könnte man jetzt endlos weiterführen.
Fakt ist, viele User haben einfach schon ihre liebgewonnen Tools, die obendrein so „deppensicher“ programmiert sind, dass sie sogar ein 110-jähriger bedienen kann.
Das heißt, die jeweilige City-App muss so unfassbar attraktiv sein, dass sie all diese anderen Apps obsolet macht.
Und selbst wenn sie das kann, kommt ein entscheidender nächster Faktor ins Spiel.
2. Der Unternehmer in der City-App
Hier beißt sich die Katze schon mal vorab in den eigenen Schweif.
Denn für den Unternehmer ist so ein Portal nur dann interessant, wenn sich genügend User, also Bürger / potenzielle Kunden, darauf befinden.
Dies ist speziell am Anfang eigentlich unmöglich.
Das bedeutet, man muss auf alle Fälle durch eine Phase, die oft Monate andauert, bis so eine App auch nur halbwegs ins Laufen kommt.
Und dann kommt gleich die nächste Katze und beißt sich in den nächsten Schweif.
Denn:
Das Portal MUSS (zumindest zu Beginn) für den Unternehmer kostenfrei sein.
Niemand, oder nur sehr wenige, zahlen einen Betrag zwischen 40 und 80 Euro für ein Portal, auf dem sich niemand befindet.
Kostenfrei ist in der Anfangsphase überlebenswichtig!
Und selbst danach muss man mit den Kosten vorsichtig sein. Alles über einem gewissen Betrag ist zu viel.
Remember:
Facebook, Instagram, Linked, usw – alle diese Plattformen sind kostenlos.
Und bieten mit Beitragsplanung und Co. so ziemlich die gleichen Funktionen wie eine andere App.
Wenn nicht sogar mehr …
Somit ist, mal abgesehen vom App Hersteller, so ein City Portal für die Gemeinde ein absolutes Minusspiel.
Denn irgendjemand muss ja die Kosten tragen.
Zurück zum Unternehmer.
Denn dieser, egal ob mit oder ohne Kosten für die App, muss dazu beitragen das Portal am Leben zu erhalten. Er muss nahezu permament neue Angebote posten, damit die App aktuell bleibt.
Vielen dieser Unternehmer ist aber schon ein tägliches Facebook Posting zu viel des Guten, wie soll das also im Portal funktionieren?
Warum postet man hier nicht, aber dort schon?
Und wie lange wird man das tun?
Wie groß ist überhaupt die Kaufkraft im Ort? Wie sieht es mit Laufkundschaft generell aus?
Wird sich die App auf lange Sicht für die Unternehmer rentieren?
Welche Vorteile hat man durch die Nutzung?
Wer gewinnt, wer verliert?
Diese Fragen sollte man sich vorab unbedingt stellen. Egal ob man der Betreiber oder der Unternehmer ist.
3. Die Gewinner und Verlierer im Portal
Fangen wir mit der schlechten Nachricht an, also den Verlierern.
Zu 90-95% ist in solchen Fällen die Gemeinde/Stadt der Verlierer.
Denn sollte so eine App nicht angenommen werden, aus welchen Gründen auch immer, steht man bei den Bürgern und Steuerzahlern in der Kritik.
Da kann man die beste App der Welt haben, wenn sie nicht genutzt wird und man damit Kosten verursacht hat, muss man sich leider „etwas anhören“.
Und das, obwohl man nur das Beste wollte…
Es wird auch einige Verlierer unter den Unternehmern geben, sofern man für die App als Gewerbetreibender bezahlen muss. Denn es hängt einfach auch sehr viel von den unterschiedlichen Branchen ab und wie man die App wirklich für sich nutzt.
Wenn man schön aufbereitete Angebote einstellt, wird sich das positiv auswirken. Wenn man von Grafik leider so gar keine Ahnung hat und das Offert eher unlieblich gestaltet ist, dann wird es wohl kaum angenommen.
Es gibt aber natürlich auch Gewinner.
Dies sind aber wie so oft „immer die Gleichen“.
Für den Lebensmittelhandel, also lokale Supermärkte, die Gastronomie und andere Betriebe für den täglichen Bedarf kann sich so eine App durchaus als Glücksfall entpuppen.
Wenn man als Restaurant täglich sein Mittagsmenü anpreisen kann, als Supermarkt die aktuellen Rabatte, etc., dann wird man den einen oder anderen Kunden oder Gast zusätzlich gewinnen.
Auch Betriebe mit einer eigenen kleinen Marketing Abteilung sind im Vorteil, da hier ohnehin täglich Werbung gemacht wird. Da fällt eine App mehr nicht ins Gewicht.
4. Worauf kommt es bei City-Apps und Portalen an?
Leider auf so vieles …
Das beginnt mit dem generellen Angebot in der jeweiligen Gemeinde oder Stadt.
Wie groß ist die Stadt?
Decken die Betriebe dort den „every day need“?
Gibt es große Einkaufszentren, die der Innenstadt einen Strich duch die Rechnung machen?
Wie motiviert sind die Unternehmer so eine App zu betreiben?
Und eines darf man natürlich nie außer Acht lassen.
Die Usability der App.
Ist sie einfach zu bedienen?
Ist sie, wie oben erwähnt, ebenso „deppensicher“ wie Facebook und Co.?
5. Conclusio
Eine City-App ist durchaus eine gute Sache und nicht von vornherein eine schlechte Idee.
Facebook war ja eigentlich mal als Dating Seite gedacht und rausgekommen ist das Meta Universe…
Also kann auch mal so eine Stadt-App durchaus erfolgreich werden.
Und wenn nicht, einfach mal tinder mit rein integrieren, eine „Meeting Zone“ für Dates in der Innenstadt kreieren und alles ist gut.
Aber mal im Ernst.
Eine City-App kann wie gesagt funktionieren.
Die Hürden, die man hier erklimmen muss, sind aber sehr sehr hoch!
Daher gebührt jedem Respekt, der sich an soetwas versucht, auch wenn es leider oft schiefgeht.
Es als Hoffnung für die Zukunft anzupreisen, wäre allerdings auch verkehrt.
Es kann ein netter Zusatz für eine Stadt sein. Viel mehr aber wohl kaum.
City-Apps und Stadtportale – die Probleme.
Dies sind natürlich nur einige Dinge, die man für den Betrieb solcher Apps bedenken muss. Es kommt durchaus auch noch andere Faktoren hinzu.
Wir wollen hier nur darauf hinweisen, dass so ein Projekt gut bedacht werden muss und einiges an Planung und Analyse vorab bedarf.
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